Mittwoch, 1. August 2007

Das Göttliche im Lehm

noch 53 Tage bis der 20.Straubinger Töpfer- und Kunsthandwerkermarkt im Straubinger Schlossplatz am 22.09.beginnt.
Bei dem Durchsuchen alter Akten fand ich heute einen Artikel. Ich finde daß er gut geschrieben ist.
Samstag,13.Juli 1996, an dem Wochenende des 9.Straubinger Töpfer- und Kunsthandwerkermarktes erschien folgender Artikel von Hans Vicari.



Hier nochmal der Text, da er auf dem Foto kaum zu lesen ist:
Straubinger Zuständ'
Das Göttliche im Lehm
Heute nennen sie sich Töpfer oder Keramiker,früher wurden sie Hafner genannt, Leute,
die sich mit dem Werkstoff Ton auskennen,ihn behandeln, formen und brennen.
Haushaltsgerätschaften, Ofenkacheln,Töpfe, Kannen, Teller und Tassen, Krüge und Flaschen, Schmuck und Zierat, sogar Spielzeug zählen zu ihrem Genre.In Straubing gibt es im ausgehenden Mittelalterund in der frühen Neuzeit Hafnerwerkstätten
im I. Viertel. und vor dem obern Tor: "Häfen gekauft um 22 r", liest man da in einer Rechnung des Augsburger Domkapitels1441, oder "um Häfen und irdene Bratpfannen von Steinach 1 fl", so aus einer Rechnung1481. Steinach wird genannt. Wolferszell ist Mitte 18. Jahrhundert Hafnerzentrum: Allein von 1729 bis 1790 werden in Steinach und Ascha je sieben Hafner nachgewiesen ("Register
der Hafner Hauptlaad alhier zu Straubing angehörig" - Gäubodenmuseum Straubing).
Um 1500 sind zwischen Regensburger Straße, Alburger Weg und Geiselhöringer Straße "im Baumgarten vor dem Oberen Tor" drei Hafner ansässig, vor dem "Stainern Thor" zwei, und ein Hanns Hafner arbeitetvor dem "Nidern Thor".
Nach Werner Schäfer erscheint der erste ihm bekannte Hafner 1444 im Salbuch des Augsburger Domkapitels. Es ist ein Thoman Hafner. Später heißen die Straubinger Hafner: Martein Hafner, Härrer Hafner, HannsSchetzer, Steffan Hafner, Jörg Mosecker undScheibenkrug. Einer der bedeutendsten
Straubinger Hafner ist wohl Hans Rätinger imf rühen 16. Jahrhundert. Nicht unerwähnt soll Anndre Hanntlaß bleiben, ein wohlhabenderHafnermeister, der um 1554 und später wegen Händelsachen eine hohe Strafe an den Rat zu
zahlen hatte. Vor dem "nidern Tor" sitzt noch Gilg Robl, "vorm untern Tor" ein bedeutender Hafnermeister namens Sebastian Ruef. (Nach Werner Schäfer, in "Straubinger Renaissance-
Keramik" j Beiheft zum Jahresbericht des Historischen Vereins für Straubing und Umgebung,83. Jahrgang 1981, 6-11).
'Kurfürstin Anna Maria von Bayern gibt am 30. Juni 1654 den Hafnern zu Straubing eine neue Zunftordnung. Die alte aus dem Jahr 1556 und die von Kurfürst Maximilian verordnete
läßt sich nicht mehr durchführen, Missstände seien halt auch eingerissen. Gemeint sind wohl der 30jährige Krieg und in seinem Gefolge all die auftretenden Unbillen, mit denen auch die Zunft der Straubinger Hafner zu kämpfen hatte.
Im . Stadtarchiv Straubing befindet sichauch noch eine Abschrift einer Hafnerzunftordnung
aus dem Jahr 1540, auf die ich zu einem späteren Zeitpunkt näher eingehen werde.
In 29 Artikeln faßt die Zunftordnung der Kurfürstin Maria Anna die Belange der Straubinger Hafner zusammen. Aus dem Jahr 1472 ist im "rothen Buch" der Stadt Straubing in mehreren Abschnitten dargelegt, wie einer das Meisterrecht erringen kann, was die Hafner alles herzustellen und was sie zu bezahlen hatten. Auch mußten sie einen Eid schwören.
Der Wortlaut ist bekannt und im "rothen Buch" vermerkt.
"Wir Sweren das wir unsrm Hanntwerch treulichn vorsein sullen und wellen in allen
dingn das gute arbait von prunnhefen, Zehling, Schüsselhefen, irynnhefen auf der von Teckendorff maß und form des wir dann maß eysen haben, auch sunst annder gut arbait gemacht:" (Auszug aus der Eidesformel im "rothen Buch").
Prunnhefen dürfte soviel wie Wasserkanne bedeuten; Zehling oder Zechling könnte zweierlei bedeuten: ein Krug zum Zechen, Trinken, oder ein Zunfthumpen, zur Zeche gehörig, mit schmalem Hals; irynnhafen: Schäfer meint Krauthafen; ich vermute einen bestimmten irdenen Hafen,. der zum allgemeinen Gebrauch verwendet wurde. Zum Eichen nehmendie Hafner das Deggendorfer Maß, von
dem sie im Rathaus einen Abdruck besitzen. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts existierten in Straubing 14 Jahrmärkte. Hinzu kamen noch 52 Wochenmarkttage am Mittwoch und Samstag. Auswärtige Hafner durften gegen Abgabe eines Zolls an der Brücke ihre Waren zu den Märkten feilbieten.
Unser Foto aus dem Stadtarchiv Straubing zeigt einen Geschirr- und Haferlmarkt zu Beginn
der zwanziger Jahre am westlichen Platz vor dem Stadtturm. Es sind Schüsseln feilgeboten,
Teller, Vasen, Eimer, Tassen und Krüge in den verschiedensten Größen und Güteklassen.
Ganz feine Keramiken freilich nicht. Die kauft sich der begüterte Kunde in München. Dazu diente aber auch unser Haferl- und Geschirrmarkt auf dem Stadtplatz gar nicht. Er wollte dem einfachen Volk aus Stadt und Land unter freiem Himmel zu kleinen Preisen gediegene Ware anbieten. Dabei wurden die
Händler nicht reich, die Kunden aber auch nicht arm.Hafnererzeugnisse werden seit einigen Jahren
wieder westlich des Stadtturms angeboten. Allerlei Kunstgewerbliches steht neben den Keramiken in den Verkaufsbuden'. Zum Jahrmarktcharakter zählen noch musikalische oder pantomimische Darbietungen. Aus Lehm formte einst der Herr den Menschenund hauchte ihm eine unsterbliche Seeleein. Was man aus Lehm alles machen kann!
Hans Vicari